Kommunikation in der Beziehung: Wie richtiges Zuhören Nähe schafft
- Jessica Weber
- 2. März
- 3 Min. Lesezeit
In einer Beziehung wird der Wert des Zuhörens oft unterschätzt. Kommunikation besteht nicht nur darin, die richtigen Worte zu finden, die passende Antwort parat zu haben oder den geeigneten Moment zu finden, um die eigenen Gedanken zu äußern – oft ist das eigentliche Geheimnis darin, wirklich zuzuhören. Richtiges Zuhören und Verstehen sind wesentliche Bausteine einer tiefen emotionalen Nähe. In diesem Artikel erfährst du, wie du die Kommunikation in deiner Beziehung so gestalten kannst, dass Vertrauen, Nähe und Verbindung wachsen.

Häufig sind wir, während der andere spricht, bei uns selbst: Wir bereiten unsere Entgegnung vor, rechtfertigen uns innerlich, verteidigen uns vielleicht oder fühlen uns sogar angegriffen. Unser Gehirn neigt dazu, in Konfliktsituationen automatisch eine „Richtig-Falsch“-Dynamik aufzubauen, und unser Bedürfnis, zu beweisen, dass unsere Realität die „richtige“ ist, überlagert oft das eigentliche Anliegen – das Verstehen des anderen.
Richtiges Zuhören bedeutet, den anderen in seinem Erleben wahrzunehmen, ohne sofort in eine Bewertung oder einen Vergleich mit der eigenen Sichtweise zu verfallen. Es geht nicht darum, wer Recht hat oder wer „schuld“ ist, sondern darum, sich auf einer emotionalen Ebene zu begegnen. Dies erfordert, dass wir das Bedürfnis, zu reagieren, zurückstellen und uns wirklich für die Gefühlswelt des anderen öffnen. Wenn wir lernen, auf diese Weise zuzuhören, kann dies eine völlig neue Art der Verbindung schaffen, die tiefes Vertrauen und Verständnis ermöglicht.
Warum Kommunikationstechniken oft nicht ausreichen
In vielen Beziehungstrainings wird Wert auf Techniken und Regeln gelegt, um die Kommunikation zu verbessern. Doch unser Verhalten ist selten eine einfache „Entscheidung“ – vielmehr spiegelt es tiefliegende Prägungen und Muster wider, die oft schon in der Kindheit entstanden sind und damals einen wichtigen Zweck erfüllt haben. Diese Muster haben uns geholfen, in unserer Umwelt zu überleben, und prägen auch heute noch, wie wir auf Konflikte und emotionale Herausforderungen reagieren. Deshalb helfen uns reine Kommunikationstechniken nur bedingt weiter. Es ist zwar hilfreich zu wissen, wie man einen Satz beginnt, ohne den anderen zu verletzen, oder wie man „Ich-Botschaften“ formuliert, aber solange unsere tieferen Prägungen und Schutzmechanismen unbewusst bleiben, greifen wir in Stresssituationen oft wieder auf alte Muster zurück.
Ein traumasensitiver Ansatz nimmt genau diese Prägungen in den Blick und schafft Raum, sie zu erkennen und zu verstehen, anstatt sie zu verurteilen oder einfach nur ändern zu wollen. Dabei geht es darum, sich selbst und den Partner nicht für unpassende Reaktionen zu kritisieren, sondern die Gründe dafür zu erkunden und auf einer tieferen Ebene Verständnis zu entwickeln.
Übung: Das „Interview“
Eine effektive Übung, die ich mit meinen Klienten oft mache, ist das „Interview“. Hierbei stellt ein Partner dem anderen gezielte Fragen und gibt ihm die Möglichkeit, ohne Unterbrechung und ohne Kommentar zu sprechen. Der Interviewer bleibt ganz bei den Gefühlen und Gedanken des anderen, anstatt zu bewerten oder eigene Geschichten beizutragen. Der Fokus liegt auf der Erfahrung des anderen – ein Raum, in dem es nicht um die eigene Meinung geht oder darum, was das Gesagte mit einem Selbst zu tun hat, sondern nur darum, den Partner wirklich zu verstehen. Ihr könnt euch vorstellen, ihr seid Journalisten und möchtet einen Artikel schreiben "Wie steht mein Partner zum Thema ...".
Gerade zu Beginn ist es jedoch oft ratsam, diese Übung unter Anleitung eines Coach oder Therapeuten durchzuführen. Die Präsenz eines professionellen Begleiters schafft einen sicheren Raum und hilft, Emotionen und Prägungen zu erkennen und zu integrieren, anstatt sich durch sie überwältigen zu lassen. Viele Menschen stellen fest, dass es ihnen schwerfällt, das Bedürfnis zu kontrollieren, einzugreifen oder zu rechtfertigen – ein neutraler Begleiter kann dabei unterstützen, in der Rolle des Zuhörers zu bleiben und wirklich präsent zu sein.
Übung: „Ehrliches Mitteilen“
Eine weitere wertvolle Übung ist das „Ehrliche Mitteilen“ nach Gopal Norbert Klein. Hierbei geht es darum, sich gegenseitig ohne Kommentare oder Reaktionen die eigenen Gedanken, Gefühle und Wahrnehmungen zu schildern. Jeder Partner spricht über seine eigenen Empfindungen, z.B.: „Ich fühle eine Anspannung im Bauch, und gleichzeitig mache ich mir Sorgen, dass ich etwas falsch mache.“ Der andere hört einfach zu, ohne zu urteilen oder eine Lösung anzubieten. Diese Übung fördert eine tiefe und ehrliche Verbindung zwischen den Partnern, ohne dass es sofort eine Antwort geben muss. Sie hilft, den anderen vollständig in seiner Perspektive wahrzunehmen.
Nähe durch echtes Zuhören
Wirkliches Zuhören ist eine der kraftvollsten Methoden, Nähe in einer Beziehung zu schaffen. Wenn wir aufrichtig zuhören und den anderen in seiner ganzen Tiefe verstehen, entsteht eine authentische Verbindung. Kommunikation wird so zu einer Brücke, die es uns ermöglicht, unser Gegenüber in seiner vollen Wahrnehmung zu begreifen. Es geht nicht darum, Probleme sofort zu lösen oder eine Antwort zu finden, sondern einfach zuzuhören, zu verstehen und zu fühlen.
Das richtige Zuhören ist ein Schlüssel zu tieferem Vertrauen und echter Nähe in der Beziehung. Übungen wie das „Interview“ und „Ehrliche Mitteilen“ fördern dieses Verständnis und helfen, die Kommunikation nachhaltig zu verbessern. Wenn du lernen möchtest, wie du eure Verbindung vertiefen kannst, lade ich dich ein, diesen Weg gemeinsam zu gehen und die Nähe in deiner Beziehung auf das nächste Level zu heben.
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